Die Strasse aus Duschanbe gegen Osten führt uns erneut durch fruchtbares Ackerland, das Tal heisst auch „Tal der goldenen Äpfel“. Wir entscheiden uns (respektive unsere Routenplanung mit Komoot entscheidet) für die ältere Strasse, welche am Ufer eines neuen Stausees entlang führt. Der Rogun-Staudamm ist aktuell in Bau und soll mit 335m Höhe der höchste Staudamm der Welt werden. Die Bauarbeiten sind eindrücklich zu beobachten, das Projekt wird aber noch mehrere Jahre dauern unter anderem wegen unklarer Finanzierung sowie Auswirkungen auf das Nachbarland Uzbekistan durch die Veränderung am unteren Wasserlauf.

Für uns bedeutet die Baustelle einen unglaublich schlechten Strassenbelag, bergaufwärts schieben wir unsere Fahrräder bei über 36 Grad die Schotterpiste hoch. Immerhin hat es keinen Verkehr, nur gelegentlich begegnen uns Hirten, die mit ihren Pferde-, Schaf- oder Ziegenherden talwärts ziehen. Wir bewundern den wilden Fluss oberhalb des Stausees, geprägt durch massive Erosionen und den breiten, mäandrierenden Flusslauf. 

Jetzt treffen wir auf den ersten Checkpoint des GBAO-Gebietes: Die autonome Region Gorno-Badakhshan umfasst das gesamte Pamir-Gebiet in Tadschikistan. Die Region hat heute noch einen Sonderstatus und die Einreise ist nur mit einem Permit möglich.

Die Einreise erfolgt problemlos, und wir radeln dem zweiten grossen Gebirgspass entgegen. Uns erwartet ein Anstieg auf die auf 3258 MüM gelegene Passhöhe des Khoburabot-Passes, der Anstieg startet etwa auf 1200 MüM. Die Strasse ist wiederum in sehr schlechtem Zustand, und ist relativ stark befahren, da einige Dörfer noch bis auf 2000 MüM liegen. Im oberen Teil ist die Strasse endlich besser, und der Verkehr nimmt ab. Die Hauptverkehrsachse in den Pamir wurde vor einigen Jahren neu gebaut, und verläuft weiter südlich. 

Wir treffen auf viel Gastfreundschaft und haben nie ein Problem, einen guten Platz für unser Zelt zu finden. Wenn wir jemanden fragen, dürfen wir unser Zelt im Garten aufstellen und werden mit heissem Tee, frischen Tomaten und selbstgebackenem Brot versorgt. 

Als wir die Passhöhe endlich erreicht haben, erwartet uns eine Abfahrt welche uns direkt an das Ufer des Grenzfluss Panj bringt. Der Panj bildet die Grenze zwischen Tadschikistan und Afghanistan. Ein seltsames Gefühl, als wir das erste Mal die afghanischen Dörfer am anderen Ufer sehen. Das Leben auf der anderen Flussseite scheint sehr einfach und ländlich. Wenige Motorräder und nur vereinzelt Autos, die Leute sind zu Fuss oder mit dem Esel unterwegs. Die Dörfer sind grün, die Leute leben von was sie anbauen.

Von Qal‘ai Khumb bis nach Rushon fahren wir auf der Hauptachse des bekannten Pamir Highways, immer am Ufer des Panj. Das Wasser wirkt enorm wild durch die vielen Stromschellen und das enge Tal. Gemäss Onlinequelle hat der Panj im Schnitt ein Abfluss von 1000m3/s, also circa das fünffache der Aare. 

Der Pamir-Highway ist auf den ersten circa 100km effektiv ein Highway, da in den letzten Jahren mit enormer Unterstützung aus China die Strasse massiv ausgebaut wurde. Neue Tunnel und Brücken, eine massiv breitere Strasse und vorallem ein ganz neuer Flüsterbelag bringen uns rasch vorwärts. Nicht nur uns, sondern auch viel Verkehr aus China: Der Pamir Highway ist Teil der „Belt and Road Initiative“ und wird aktuell auf Schnellstrassen-Niveau ausgebaut. Bereits jetzt kommen uns Lastwagen mit chinesischen Kennzeichen entgegen oder Autotransporter mit neuen chinesischen E-Autos, welche nach Duschanbe oder weiter nach Uzbekistan transportiert werden. 

Der Panj verändert sich allmählich, teilweise wird er breit und wirkt wie ein See. Wir kommen in Rushon an, stocken unsere Vorräte auf, und zu unserer Überraschung finden wir hier sogar Haferflocken. Das freut uns, denn nach einer kurzen Pause geht es für uns nordostwärts ins Bartang-Tal weiter bis nach Karakol. 

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